»Piet Mondrian war so sehr von den geraden De-Stijl-Linien überzeugt, dass er sich angewidert von der Bewegung abwandte, nachdem Theo van Doesburg begonnen hatte, mit Diagonallinien zu experimentieren.«
Wer, wenn nicht die Muse, der tägliche Begleiter der größten Künstler selbst, ja, das »Sinnbild für Kultiviertheit und Geschmack«, – die Katze – könnte besser geeignet sein, um Neugierige auf ihrer Reise durch die Geschichte der Kunst zu begleiten?
Fangfrage, denn wie jeder weiß, ist alles mit Katzen besser als ohne! 😉
Dieser allgemeinen Wahrheit folgend entwarfen die Illustratorin Nia Gould und ihre Mitautorinnen Diana Vowles und Jocelyn Norbury diese kleine, herrlich bebilderte und niedrigschwellige Einführung ins Thema, welche selbst Kunstmuffeln Freude abgewinnen kann. Jeder der 21 vorgestellten Strömungen werden zwei Doppelseiten gewidmet – Stichwort Kurzweiligkeit – wobei den Schilderungen zu charakteristischer Symbolik, Farbwahl und Technik des jeweiligen Stils, die hin und wieder durch Anekdoten und Zitate ergänzt werden, eine kurze Vorstellung der Strömung mit raum-zeitlicher und gedanklicher Einordnung (anhängend findet sich zusätzlich ein Zeitstrahl) sowie der wichtigsten VertreterInnen voraus geht. Ergänzt oder vielmehr getragen wird das Ganze von zahlreichen kleinen Illustrationen im Stil der beschriebenen Kunstrichtung – allen voran natürlich die herrlichen 21 Katzenportraits: von der pastelligen, auf einer verschnörkelten Chaise Longue thronenden Rokoko-Kat-Dame de Pompadour (an Katzenwortwitzen mangelt es wahrlich nicht, meine Favoriten: schnurr-tastisch und katzastrophisch) über die mit Collagenaugen, Stiefeletten und Metallradfüßen ausgestattete Dada-Katze; oder jene mit groben Pinselstrichen und breiten Farbfeldern abstrakt skizzierte und mit Farbflecken bekleckste Expressionismus-Katze hin zur in Formaldehyd eingelegten Young British Artists-Katze gibt es manch Kuriosum zu entdecken.
»Impressionisten setzen sich intensiv damit auseinander, wie Menschen die Welt ›sehen‹ – und konzentrieren sich auf das Erlebnis insgesamt anstatt auf die einzelnen Details.«
Das, was »Eine Geschichte der Kunst in 21 Katzen« leistet, kann angesichts der mal mehr, mal weniger informativen – weil allesamt extrem kurzen – Beiträge freilich nur als eine sehr seichte Einführung in die weite Welt der Kunst verstanden werden. Was dem Buch jedoch vortrefflich gelingt, ist es, der Leserschaft ein Gefühl für die einzelnen Stile zu vermitteln, wenngleich der Mangel an »echten« Beispielbildern vor allem bei sich ähnelnden Strömungen den Schritt des googlens notwendig macht. Nicht zuletzt auch deshalb, weil einem bestimmte charakteristische Motive und KünstlerInnen mitunter nicht vertraut sein können und die zahlreichen Hinweise darauf so ins Leere laufen. Insofern kam mir während der Lektüre nicht selten der Gedanke, dass dieses Buch trotz seiner niedrigschwelligen Sprache vielleicht weniger als Einführung denn als Auffrischung für Kunststudierende bzw. Interessierte, jedenfalls jene eher geeignet sein könnte, die nicht gänzlich ahnungslos an den Komplex Kunstgeschichte herantreten. Andernfalls ist die weitere Recherche mitunter unerlässlich, um sich klar vor Augen zu führen, was für eine Art Werk man sich unter einem Begriff nun tatsächlich vorstellen kann, da die Illustratorin natürlich auch einen eigenen Stil mitbringt und die Möglichkeiten einer Beschreibung und Visualisierung von Bildern Grenzen unterliegen.
Insofern sehe ich in »Eine Geschichte der Kunst in 21 Katzen« zugleich eine kurzweilige und unterhaltsame, nicht zu vergessen fantastisch gestaltete Einführung, Rückbesinnung, aber auch Motivation zur näheren Auseinandersetzung mit den großen (und kleinen) Kunstströmungen der Geschichte. Ohne Frage ein schönes Geschenk – im Zweifel an sich selbst.
Vielen Dank an Bastei Lübbe für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
Nia Gould | Eine Geschichte der Kunst in 21 Katzen | Aus dem Englischen von Valérie Thieme | Lübbe | 96 Seiten | 12,00 € | ISBN: 978-3-431-05005-9